Erfahrungen mit Wikis im Unterricht

Vor einigen Monaten hat der erste Neigungskurs Geographie Abitur gemacht, mit dem ich konsequent zwei Jahre lang ein Kurswiki geführt habe. Aktuell unterrichte ich noch zwei laufende Kurse mit einem Kurswiki, außerdem benutze ich mit einigen NwT-Gruppen Wikis zur Zusammenarbeit in den Projekten. Ich möchte daher hier einmal einige Erfahrungen zusammentragen, die sich in den vergangenen zwei Jahren bezüglich der Unterrichtsarbeit mit Wikis ergeben haben.

Warum mit Wikis arbeiten?

Für meine Schüler habe ich die wichtigsten Gründe notiert, warum wir mit einem Wiki arbeiten. Diesen Text gebe ich den Schülern zu Beginn der Wiki-Arbeit zu lesen und bespreche ihn dann auch im Unterricht. Das ist mir wichtig, damit die Schüler erkennen, dass ich dieses Werkzeug nicht als digitale Spielerei einsetze, sondern dass es meines Erachtens gute, pädagogische und didaktische Gründe für die Verwendung eines Wikis gibt.

Über die genannten Aspekte hinaus gefallen mir Wikis, weil sie so flexibel und dabei einfach zu bedienen sind. Ich habe vor einigen Jahren zunächst versucht, meinen Unterricht mit Moodle zu gestalten und zu begleiten. Das fand ich aber sehr frustrierend, weil Moodle in vielen Bereichen sehr unhandlich, starr und zeitraubend ist. Es bietet natürlich viel mehr Funktionen als ein Wiki und ist teilweise auch direkter auf den Unterrichtseinsatz ausgerichtet, aber die speziellen Funktionen wie Datenbanken oder auch die Einreichung von Aufgaben habe ich ohnehin selten genutzt. Die allgemeineren Funktionen wie gemeinsame Erarbeitung von Inhalten oder die Diskussion innerhalb der Lerngruppe lässt sich auch problemlos mit einem Wiki gestalten. Meist ist das mit einem Wiki deutlich schneller eingerichtet und auch leichter zu überschauen (die Wiki-Funktion innerhalb von Moodle ist zum Beispiel seit Jahren unglaublich schlecht – meines Erachtens für den Einsatz im Unterricht kaum zu gebrauchen).

Ein weiterer Punkt, der für den Einsatz von Wikis spricht, ist die Tatsache, dass jedes Wiki und jede Wiki-Seite zunächst strukturlos ist. Das erscheint auf den ersten Blick möglicherweise ein Nachteil zu sein, lässt sich aber schnell in einen Vorteil verwandeln. Wenn ich Schülern einen leere Wiki-Seite zur Verfügung stelle, um Inhalte gemeinsam zu erstellen, zusammen zu tragen oder eine Diskussion zu führen, kann ich selbst entscheiden, wie stark ich vorstrukturiere und wie viel »Initialchaos« ich den Schülern zumute. Es hat sich gezeigt, dass es mit der Zeit vielen Schülern gelingt, ihre gemeinsam erstellten Texte zu gliedern, zu ordnen und ihnen Struktur zu geben. Bei schwächeren Schülern und Lerngruppen kann ich selbst helfend eingreifen, bei stärkeren kann ich den Schülern zusätzlich zum inhatlichen Lernen auch diesen methodischen Lernanlass bieten.

Darüber hinaus bin ich immer wieder begeistert, wie gut sich ein Wiki eignet, um Unterrichtsthemen zu differenzieren. Oft ergeben sich in einer Stunde Fragen, die über den Unterrichtsinhalt hinausgehen oder solche, die auf die Wiederholung früherer Inhalte abzielen. In beiden Fällen ist es manchmal nicht sinnvoll, die gemeinsame Unterrichtszeit zu verwenden, um die Fragen zu besprechen, wenn möglicherweise nur wenige Schüler an diesen Fragen interessiert sind. Mit einem unterrichtsbegleitenden Wiki kann ich schnell und problemlos vertiefende Links oder eigene Erklärungen zur Verfügung stellen, ohne dass es mich Kopien oder Unterrichtszeit kostet. Die nachfragenden Schüler merken, dass ihre Anliegen wichtig sind und der Rest ist nicht gezwungen, sich mit diesen Themen zu beschäftigen, kann es aber bei Bedarf.

Wie werden die Wikis eingesetzt?

Neigungskurs Geographie

Der Neigungskurs ist in Baden-Württemberg vierstündig pro Woche und kann als schriftliches Prüfungsfach im Abitur gewählt werden. Entsprechend geht es darum, das relevante Abiturwissen zu erarbeiten und dieses nach ca. 1½ Jahren zur schriftlichen Prüfung strukturiert wiederholen zu können.

Im bereits abgeschlossenen Neigungskurs war das Wiki daher ein gemeinschaftlich geführtes Heft. Zum einen haben die Schüler in der Regel vor den jeweiligen Stunden die relevanten Inhalte aus dem Buch im Wiki zusammen gefasst, teilweise auch durch externes Material ergänzt (das war manchmal sehr umfangreich, was später zu Kritik seitens der Schüler geführt hat – siehe unten). Jeder sollte also in dieser Phase mitarbeiten, um sich das grundlegende Wissen für die folgende Doppelstunde anzueignen und es vorzustrukturieren. Im Unterricht haben wir dann einzelne Aspekte vertieft, Fragen geklärt, Inhalte mit anderen verglichen, disktutiert etc.

Die Ergebnisse des Unterrichts wurden dann wieder im Wiki festgehalten (Tafelanschriebe bzw. meine Mitschriebe in Curio, individuelle Notizen der Schüler, gemeinschaftliche Notizen aus angeschauten Filmen etc.)

Außerdem führten wir ein gemeinschaftlich gepflegtes Glossar, das nach zwei Jahren ca. 170 aus den Wiki-Seiten verlinkte Begriffe enthielt.

Zu verschiedenen Themen habe ich auch kleinere Projektphasen eingebaut, deren Ergebnisse natürlich auch im Wiki zusammen getragen wurden, z.B. zum Thema Konflikte um die Ressource Süßwasser. Hier bekam jede Gruppe einen eigenen Bereich, in dem sie dann an dem Projekt arbeiten konnten. Am Ende wurden die Ergebnisse allen präsentiert und natürlich hatten dann auch alle Schüler Zugriff auf jedes der Projekte.

Darüber hinaus habe ich z.B einzelne Seiten angelegt, auf denen dauerhaft relevantes Material verlinkt war: Arbeitsmethoden, Informationen zu den Abiturthemen, Operatoren für die Klausuren, Musterantworten nach Klausuren etc.

Hier ist die Startseite des Wikis, wie sie am Ende des Kurses aussah.

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In den noch laufenden Kursen benutze ich das Wiki sehr ähnlich. Nach der Kritik an den zu umfangreichen Seiten habe ich allerdings Wert darauf gelegt, dass die Zusammenfassungen im Wiki wirklich knapp und übersichtlich sind. Ergänzendes Material ist nun klarer gekennzeichnet, wir legen mehr Wert darauf, das Vorhandene gut zu strukturieren und sinnvoll zu illustrieren und weniger darauf, alles besonders umfassend darzustellen.

Projektarbeit in NwT

In NwT ist der Unterricht stark von Projekten geprägt. Wir unterrichten jeweils ein Halbjahr lang ein großes Thema, machen typischerweise einige Wochen Einführung zu Beginn, dann etwa drei bis vier Monate Projektarbeit und am Ende noch einige Wochen Nachbereitung und Reflexion. Das Unterrichtswiki dient in meinem Unterricht hauptsächlich der Strukturierung und Dokumentation der Projektarbeit, teilweise aber auch der Dokumetation und Vertiefung während der Einführungs- und Reflexionsphasen.

Projektarbeit ist meines Erachtens prädestiniert dafür, kollaborative digitale Arbeitsmethoden einzusetzen. Die Arbeit an »großen« Projekten (z.B. Wetterbeobachtung oder Brückenbau), die sich über mehrere Wochen oder Monate erstrecken, erfordert von den Projektgruppen eine Menge Planung, Koordination und Dokumentation. Insofern gibt es eine real spürbare Notwendigkeit, ein Wiki als kollaboratives Werkzeug angemessen zu beherrschen – der Lernanlass ist »echt« und nicht aus didaktischen Gründen vom Lehrer vorgegeben.

Typischerweise bekommt jede Gruppe einen eigenen Bereich im Wiki, zu dem normalerweise nur sie (und ich) Zugriff haben. Die Gruppen können also frei schalten und walten. Erst nach Fertigstellung des Projekts werden die Gruppenbereiche dann für alle sichtbar geschaltet.

Im Gruppenbereich muss die gesamte Projektarbeit geplant und dokumentiert werden:

Wenn das alles im Wiki abläuft, hat das für die Schüler den Vorteil, dass sie sowohl während des Unterrichts als auch zu Hause stets einen zentralen Sammelpunkt für die Informationen haben. Bevor ich mit Wikis gearbeitet habe, gab es die üblichen Probleme beim kollaborativen Arbeiten: Ein Schüler beginnt ein Protokoll, soll die Datei dann einem anderen mailen. Das wird vergessen oder der Schüler ist krank, das halbfertige Protokoll kommt nicht rechtzeitig an, die Arbeit kann nicht weitergehen, der Abgabetermin rückt näher und das Stresslevel steigt. Wenn alle auf einer Wiki-Seite arbeiten, ist das deutlich leichter zu organisieren.

Für mich besteht der Vorteil darin, dass ich den Arbeitsprozess besser überblicken kann. Ich sehe früher, wenn eine Gruppe nicht voran kommt und kann schnell die passenden Hilfen zur Verfügung stellen oder das Gespräch mit der Gruppe suchen.

Schülerfeedback zur Wiki-Arbeit

Im Laufe der letzten Jahre, in denen ich Wikis im Unterricht eingesetzt habe, fragte ich immer wieder meine Schüler nach ihren Erfahrungen und Einschätzungen zur Wikiarbeit. Im Folgenden stelle ich einige der wesentlichen Aussagen zusammen.

Diese Auswertungen stellen allerdings keine systematische Untersuchung dar. Die gestellten Fragen richteten sich meist nach der konkreten Lerngruppe und Unterrichtssituation und sind nicht standardisiert, so dass man die Aussagen der verschiedenen Lerngruppen nicht valide vergleichen kann. Dennoch lassen sich meines Erachtens aus den Rückmeldungen einige relevante Einsichten ableiten. Die Rückmeldungen sind teilweise sehr umfangreich. Ich werde daher nicht alle Aussagen kommentieren, sondern nur die heraus greifen, die mir besonders wichtig erscheinen. Fragen zu den übrigen Aussagen können gerne in den Kommentaren gestellt werden.

Ich habe die Rückmeldungen im unkorrigierten Wortlaut widergegeben. Es sind jeweils alle zu einer Frage abgegebenen Antworten dokumentiert.

Erster Neigungskurs Geographie (20 Schüler)

Feedback nach ca. vier Monaten Wiki-Nutzung

Frage:
Bilanz: Einsatz des Wikis – Insgesamt finde ich den Einsatz des Wikis …

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Kommentar:
Die Schüler schätzen also das Wiki überwiegend als gewinnbringend ein.

Frage:
Einsatz des Wikis: Vor- und Nachteile – Bitte gib mir eine kurze Rückmeldung dazu, welche Vor- und Nachteile Du bei der Benutzung des Wikis siehst.

  • Das Wiki ist wirklich deshalb gut, weil es von allen überprüft werden kannn und es in der Tat angenehmer ist, auf diese Weise zu lernen, als – wie Sie sagten – in den eigenen Notizen lesen zu müssen.
    Problematisch erschient mir dann jedoch das Vervollständigen des Wikis. Oftmals kommt man nicht gleich in den ersten Tagen der Hausaufgabe dazu, im Wiki zu arbeiten. Doch dann ist das Meiste oft von denselben Schülern vervollständigt, die dann auch immer einen guten Eindruck hinterlassen können. Zumindest geht es mir so.
  • Es ist meiner Meinung nach die beste Art unterricht zu machen, denn man kann ich Unterricht aufpassen, alles aufnehmen und es verstehen.
    Sonst schreibt man ab während der Lehrer shcon wieder etwas neues anschreibt oder erklärt und hat am Ende einen Aufschrieb im Heft, aber nur die Hälfte verstanden.
  • ich finde es sehr vorteilhaft,alles im Wiki zu machen, denn wenn man selbst fragen hat, kann man gleich auf der Seite fragen und sich mit seinen Mitschülern absprechen.
    nachteil ist, dass ich mit dem Wiki nicht sonderlich gut lernen kann, denn ich lerne lieber mit heftaufschrieben, auch wenn die Übersichten ganz nützlich sind.
  • Vorteile:
    – es steht immer alles richtig im Wiki, man kann also nichts Falsches lernen
    – es ist vollständig
    – da so viele mitarbeiten, kommen viele »Ideen« zusammen
    – wenn man es zu Hause noch einmal schreibt, bleibt der Stoff länger im Kopf
    – man setzt sich mit dem Stoff intensiver auseinander, dadurch kommen Fragen auf, die geklärt werden können
    – die Sammlung im Wiki ist komplett, sodass man gut aufs Abitur lernen kann
    – nützliche Tipps, wie zum Beispiel »Karten und Profile«, »Schwerpunktthemen Abi«, »Operatoren«….
    Nachteile:
    – Es können nicht immer alle so mitarbeiten, wie sie es gerne wollten, da man nicht immer gleich nach der Schule Zeit hat an den Computer zu gehen und im Wiki etwas zu schreiben und dann hat vielleicht schon jemand anders das gemacht. Wenn das häufiger passiert, kann man nurnoch drüber schauen und man hat keine große Chance auf eine bessere mündliche Note (wenn man sich auch im Unterricht nicht so stark beteiligt und hofft durch das Wiki eine gute Note zu bekommen).
    – Das Wiki ist recht viel Aufwand (dadurch, dass aber viele mitarbeiten geht es wieder)
  • Vorteile:
    + gemeinsames Zusammentragen der Informationen und erstellen von Seiten
    + schöne Veranschaulichungen mit Grafiken, Videos,
    + Wiederholung des Stoffes beim Eintragen ins Wiki
    Nachteile:
    – mir persönlich fällt es schwer lange am Computer zu sitzen und die Informationen aus dem Wiki zum Beispiel für Klausuren zu lernen
  • + man braucht sich keine sorgen darum machen, dass man in seinem Heft etwas wichtiges vergessen hat
    + da man sowieso am PC ist, ist man motivierter noch weiter zum Thema zu recherchieren
    + den Umgang mit so einer Plattform zu erlernen finde ich nützlich und beschert einem eine gewisse Medienkompetenz
    – man hat oft keine möglichkeit viel dazu zu geben, wenn man die hausaufagben später in der wochemacht
    – das denken »die anderen machen das schon« führt dazu, dass man die hausaufagen nicht mher so regelmäßig macht
    – vor der arbeit muss man sich zeimlich viel ausdrucken, da es (zumindest für mich) unangenhem ist so lange vor dem PC zu sietzten und zu lesen
  • Vorteile: gemeinsame Lösung (zwanzig Köpfe wissen mehr als einer); Verlinkungen, Fotos etc. möglich; Nachteile: Hausaufgabe oft schon vollständig, wenn man seinen Teil beitragen möchte; Lernen vor der Klausur ohne Heft schwieriger
  • + Man hat ales schön, strukturiert,übersichtlich,verlinkt zusammengefasst
    + es ist das Wissen von ALLEN zusammengefasst.
    + die Suche und Recherche wird unter allen aufgeteilt
    + jeder kann seine Ideen/Fragen miteinbringen.
    + man spart einiges an Zeit im Unterricht, da man so gut wie keinen Heftaufschrieb anfertigen muss.
    – man muss sich seinen »Aufschrieb« immer vom Computer holen. Man hat also die Materialen zum Lernen nicht gleich griffbereit, sondern muss entweder am Computer lernen, oder sie sich ausdrucken.
    – Abhängigkeit und unbedingter Verlass auf die Technik. Bei technischen Problemen (Internetausfall, PC-Probleme), kommt man in große Schwierigkeiten.
  • Vorteile: – das Wissen von jedem Einzelnen kann zu einem Thema ergänzt werden.
    Nachteile: bei Hausaufgaben, wer zu erst kommt macht die Hausaufgaben der Rest ergänzt nur, besser wären Hausaufgaben auf die klassische Art ( ins Heft und dann am Anfang der Stunde besprechen)
  • Vorteile:
    – bei Krankheit kein Verpassen des Unterrichts
    – man ist immer auf dem Laufenden
    – Gestaltung der Themen (Bilder, Videos, etc.)
    – offene Fragen können gepostet werden
    – Kommunikation außerhalb des Unterrichts über nicht verständliche Themen möglich
    Nachteile:
    – Internetzugang ist nicht immer gewährleistet
    – manchmal zu viel Informationen auf einer Seite, dass man den Überblick und die Lust am Lesen verliert
    – »Wer zuletzt kommt, hat Pech gehabt« -> manche übereifrige Schüler schreiben ihre Beiträge/ die Hausaufgaben/ den Themenüberblick so schnell ins Wiki, dass den anderen keine Chance bleibt, sich mit einzubringen
  • Ich finde das Wiki eine sehr gute Idee, da so alle Schüler gebündelt ihr Wissen zusammen tragen und man auf Arbeiten somit sehr gut lernen kann.
    Allerdings finde ich es manchmal ziehmlich schwierig noch etwas ins Wiki hinzuzufügen, wenn man nicht wirklich am Ersten oder Zweiten Tag nachdem man Hausaufgaben aufbekommen hat, die Zeit findet seinen Beitrag im Wiki zu schreiben.
  • Vorteile:
    – Wissen von allen wird zusammengetragen, auch Dinge, die man sich nicht alleine alle im Unterricht merken kann.
    – Es können Fragen an alle gestellt werden.
    – theoretisch »optimaler Heftaufschrieb«
    – Möglichkeit, sich auf andere Art am Unterricht zu beteiligen finde ich sehr gut!
    Nachteile:
    – nicht alles für den Unterricht/Klausern Relevante wird eingetragen und es kommt zu Wissenslücken.
    – Bei Hausaufgaben im Wiki: Wenn man seine Hausaufgaben nicht gleich am Freitagmittag oder Samstagmorgen macht, ist meist schon alles erledigt.
    – zum Lernen muss man sich sehr viel ausdrucken.
    – Es gibt keine Heftaufschriebe mehr, auf die man sich verlassen kann.
  • Ich finde das Wiki sehr hilfreich beim Lernen. Das einzige was mich stört, sind die Hausaufgaben die wir in das Wiki schreiben müssen. Die Idee ist super, aber ich schaffe es leider nie, vor Mittwoch im Wiki zu sein und dann kann man nur noch Rechtschreibfehler verbessern und verlinken. Und das macht sich bestimmt auch in der Note bemerkbar…

Kommentar:
Die Schüler haben zu diesem Zeitpunkt bereits einige Vorteile des Wikis direkt erfahren, z.B. dass es nützlich ist, direkt auf einer Wiki-Seite Fragen stellen zu können, dass die Inhalte sehr strukturiert dargestellt sind, dass ein gemeinsamer und vom Lehrer oft ergänzter Aufschrieb in der Regel vollständiger und korrekter ist als der individuelle Heftaufschrieb es wäre.

Die Kritikpunkte richten sich oft gegen die Tatsache, dass die Mitarbeit im Wiki als Unterrichtsengagement zählt. Beiträge im Wiki sind für mich gleichwertig wie mündliche Unterrichtsbeiträge. Damit möchte ich vor allem leisen Schülern die Möglichkeit bieten, sich schriftlich einzubringen und damit ihr Engagement zu zeigen. Denn stille Schüler bekommen meiner Erfahrung nach im Unterricht oft schlechtere Noten, weil sie wenig sagen – auch wenn das, was sie zu sagen hätten, qualitativ hochwertig wäre. Im Umkehrschluss befürchteten aber manche Schüler, dass sie schlechtere Unterrichtsnoten bekommen, wenn sie nicht »genug« im Wiki tun.

Ein nicht zu unterschätzendes Problem ist die Tatsache, dass man zum Lernen natürlich auf einen Rechner mit Internetzugang angewiesen ist und dass zumindest eine gewisse Zahl von Schülern darauf besteht, am Bildschirm nicht gut lernen zu können. Ich habe versucht, das mit einigen Tipps etwas zu lindern, konnte das Problem aber sicher nicht ganz beseitigen. Einige Schüler haben daher vor Klausuren riesige Mengen Papier bedruckt und teilweise auch Texte kopiert und in einem Textverarbeitungsprogramm noch mal umformatiert. Dieser Aufwand ist natürlich immens und lässt die Vorteile des Wikis mitunter neben den empfundenen Nachteilen verblassen.

Feedback nach ca. einem Jahr Wiki-Nutzung

Frage:
Wie würdest Du die Nützlichkeit des Wikis für den UNTERRICHT einschätzen?

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Kommentar:
Die meisten Schüler empfinden das Wiki auch nach einem Jahr noch als »nützlich« oder »sehr nützlich«. Ein Schüler mehr hat die neutrale Option gewählt. Ob das eine signifikante Entwicklung gegenüber der früheren Befragung ist, kann ich nicht sagen.

Frage:
Hast Du Anregungen, wie die Verwendung des Wikis für den Unterricht verbessert werden könnte?

  • Während des Unterrichts mehr mit dem Wiki arbeiten, wenn es gerade gut passt. Zu Hause kann man dann die Texte verbessern und perfektionieren. Wenn dies allerdings dazu führe würde, dass man im Unterricht weniger schnell voran kommt und man dann Sachen nachholen muss, weil man die Zeit dafür im Unterricht nicht genutzt hat, nehme ich den Vorschlag zurück.
  • Die Schulzeit sollte möglichst gut genutzt werden, sodass man zu Hause möglichst wenig machen muss.
  • Ich wünschte es wäre so.
  • Erst einmal zu meiner Aussage »sehr nützlich«: Das Wiki ist im Moment unverzichtbar, da es unseren einzigen Heftaufschrieb darstellt und nur durch das Wiki (da wir im Unterricht nicht mitschreiben müssen) die momentane, stark digitalisierte Form des Unterrichts überhaupt möglich ist. Wäre es aufgrund der oben genannten Aspekte nicht nötig, läge meine Benotung eher bei »3«.
    Nun zu den Anregungen:
    – Die Seiten sind inhaltlich viel zu überladen. Es stellt in keiner Weise eine komprimierte Form unseres Wissens dar, aus der man schnell alles Wesentliche erkennen und herauslesen kann. Damit stellt sich mir eine Frage: Dient das Wiki als Ersatz für einen Heftaufschrieb oder nicht? Wenn ja, dann ist die momentane Form schlecht. Es ist nicht komprimiertes Wissen aus dem Buch etc. sondern die Texte werden sogar länger und mit oft zwar interessanten, aber nicht relevanten Infos ausgestattet. Das wird das Lernen auf das Abitur (oder auch normale Klausuren) nicht erleichtern. Man muss sich dann noch einmal selbstständig das Wichtigste rausfiltern, was sehr viel Zeit in Anspruch nimmt und so eigentlich nicht sein sollte. Vor dem Abi sollte man sich nicht erst ein eigenes Heft mit dem nötigen Wissen zusammenstellen müssen. Man muss sich ja nur einmal den Zeitaufwand dafür vorstellen. Fazit: Als Heftaufschrieb zu voll. Man müsste wirklich auf das Wichtigste reduzieren und das müsste jedem klar sein. Man sollte den Text nicht nur verlängern, da mit man auch noch Hausaufgaben gemacht hat, obwohl es schon Mittwochabend ist und dann einfach Unnötiges reinschreiben.
    Dient das Wiki aber nicht als Heftaufschrieb, fehlt (natürlich :) ) ein Heftaufschrieb. Dann wäre das Wiki allein dazu da, um Wissen zu vernetzen, erweitern etc., hätte aber keine wirkliche Relevanz für den Unterricht. Die Hausaufgaben, die wir immer im Wiki bekommen, wären dann viel zu viel (zeitmäßig gesehen).
    – Ein zweiter Punkt ist die Arbeitsverteilung. Es kann nicht sein, dass einige Schüler fast alles schreiben (und wenn man sich die Editors regelmäßig über einen längeren Zeitraum anschaut, erkennt man, dass es sich wirklich nur um einen bestimmten Teil des Kurses handelt) und andere nichts tun (sei es, weil sie schlichtweg keine Hausaufgaben machen oder nicht die Möglichkeit habe, den Computer so oft zu nutzen). Die Aufgabenteilung müsste gerechter sein.
    – Drittens: Es kam schon öfters vor, dass es sehr viele Hausaufgaben auf einmal gab (z.B. 2 Teilkapitel, die wir noch nicht besprochen hatten (das macht es sehr zeitraubend und anspruchsvoll) zusammenfassen und noch 3 Aufgaben aus dem Buch beantworten.). Da die Hausaufgaben sich ja eigentlich auf den ganzen Kurs verteilen, ist es ja eigentlich nicht so viel. Allerdings arbeiten ja nicht alles immer gleich viel. Außerdem (und noch wichtiger!), muss man sich ja, damit man in der nächsten Stunde den Unterricht versteht, trotzdem alles erarbeiten, selbst wenn man es nicht selbst ins Wiki einträgt. Das macht es dann ingesamt zu sehr viel Hausaufgaben, deren Menge manchmal nicht angebracht ist.
    – Viertens: Die Seiten sollten von Ihnen ca. 2 Wochen nach Erstellung kontrolliert und geschlossen werden. So hat man noch Zeit, die Seiten zu verbessern (und zwar ausreichend!), die Gefahr, dass zu viel überflüssige Infos angesammelt werden, ist geringer und außerdem können wir vor einer Arbeit rechtzeitig lernen und Sie geraten nicht in den Stress, alles auf einmal kontrollieren zu müssen.
    – Fünftes: Falls mir noch mehr einfällt, kann ich das ja noch nachreichen. Es ist gerade schon so spät, dass mir vielleicht noch Punkte untergegangen sind. :)
  • Der Vorschlag mit der Zusammenfassung am Anfang der Seite sollte mehr durchgesetzt werden.
  • Für die Hausaufgaben sollte eine bessere Regelung gefunden werden…mir fällt aber auch gerade keine ein.
  • Wir hatten das zwar schon, aber mit der Übersicht im Glossar habe ich immer noch Schwierigkeiten, zurecht zu kommen. Ich wäre immer noch dafür, irgendwann das große Glossar, das wir jetzt haben, in einzelne Glossare mit einem Themeschwerpunkt aufzuteilen.
  • Ich fände es ganz gut, wenn wir nicht jedes Mal als Hausaufgabe Buchseiten lesen und im Wiki zusammenfassen bekämen, sondern beispielsweise auch mal zwischendurch einzeln Aufgaben bearbeiten, Wirkungsgefüge zeichnen o.ä. müssten, sodass man auch sieht, wieviel man alleine hinbekommt und schwierige Themen auch von allen auf dem gleichen Weg erarbeitet würden.
  • Ich finde, dass das Wiki bereits gut in den Unterricht eingebracht wird
  • Es sollte einfach jeder mitmachen, wir sollten entweder mehr Zeit für einen Eintrag haben oder einfach weniger »»Material«» zur Verarbeitung zu einem guten Lehrtext bekommen. Und wenn das nicht klappt – auf jeder Seite die Infobox mit den WICHTIGSTEN Fakten.

Kommentar:
Zunächst muss man sehen, dass zu dieser Frage etwa ein Viertel der Schüler keine Antwort abgegeben hat. Das kann einerseits bedeuten, dass sie die die Verwendung des Wikis einfach in Ordnung fanden, wie sie war, oder dass sie sie nicht in Ordnung fanden, aber keine Verbesserungsvorschläge wussten. Es ist also möglich, dass die vorhandene Kritik insgesamt ein negativeres Bild zeichnet als es der realen Situation entspricht.

Sehr viel Kritik am Wiki richtet sich (wiederum) weniger auf das Lernen sondern mehr auf die »Einhaltung der schulischen Regeln«:

  • Müssen sich alle gleich stark beteiligen?
  • Ist die Menge der Hausaufgaben »gerecht« verteilt?
  • Wer profitiert wie stark von der Leistung von Anderen?

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass diese Themen dauerhaft so stark im Vordergrund stehen würden. Für mich war das Wiki bei diesem Kurs eine tolle Möglichkeit, als Gruppe von zwanzig Schülern und einem Lehrer eine relevante und umfassende Dokumentation unserer Unterrichtsarbeit zu erstellen. Es zeigt sich, dass viele Schüler in der Kursstufe so vom System sozialisiert sind, dass es Ihnen weniger um ihr eigenes Dazulernen geht, sondern mehr darum, dass sie nicht mehr arbeiten müssen als die Anderen bzw. dass sie mit (aus ihrer Sicht) vertretbarem Aufwand ihre »Pflicht« erfüllen können.

Die angesprochene Kritik haben wir auf verschiedene Art berücksichtigt.

  • Insgesamt haben wir mit der Zeit immer mehr darauf geachtet, dass jede Wiki-Seite wirklich nur relevante, knappe Informationen enthielt, dass also das Weglassen oder Streichen von Text genauso wichtig wurde wie das Schreiben.
  • Mit den nachfolgenden Kursen trat das Problem weniger auf, weil diese deutlich kleiner waren. Zehn Schüler produzieren automatisch weniger Text als zwanzig.
  • Im ersten Kurs hatte es einige wenige Schüler gegeben, die lautstark gefordert hatten, dass die Wiki-Seiten vor einer Klausur von mir kontrolliert würden. Darauf hatte ich mich (leider) eingelassen. Das war aber zeitlich praktisch nicht leistbar und hat dazu geführt, dass ich oft erst kurz vor der Klausur damit fertig war. Wer früher gelernt hatte, war natürlich unzufrieden, wenn ich später evtl. noch Korrekturen vorgenommen habe. Mit den Folgekursen habe ich gleich zu Beginn geklärt, dass ich zwar am Wiki mitschreibe, dass die Verantwortung für die Inhalte aber (wie beim Heftaufschrieb in der Kursstufe) bei den Schülern liegt.

Frage:
Kannst Du konkrete Beispiele nennen, was Du durch die Arbeit mit dem Wiki dazu gelernt hast bzw. worin Du Dich verbessert hast?

  • – Strukturierung & AUfbau von Texten, damit es übersichtlich bleibt
    – Gelerntes korrekt und präzise in Worte fassen
  • -Es hilft mir, das Gefühl dafür zu entwickeln, wie man Texte richtig gestaltet/formatiert/visualisiert. Außerdem merkt man auch, was hinter Texten/Berichten im Internet steckt und wie sie aufgebaut sind. Man wird kritischer mit Quellen aus dem Internet.
    -Es hilft mir, um für Klausuren zu lernen. Ich lerne zwar auch viel mit dem Buch, allerdings sind im Wiki ja zusätzliche Informationen/Themen, die im Buch nicht geschrieben sind.
  • Ein konkretes Beispiel kann ich hier zum Thema Wiki nicht geben; zumindest bezieht es sich nicht darauf, was ich im Umgang mit Computern und dem Web dazu gelernt habe.
    Allerdings hilft es mir in dem Punkt, dass ich lerne, Texte zu lesen und diese knapp zusammen zu fassen. Wenn wir nun die Regel, im Wiki WIRKLICH nur die wichtigsten Dinge zu notieren, noch strenger einhalten müssten, dann müsste ich mich selbst auch noch mehr zusammenreißen. Es ist nämlich meines Erachtens gar nicht so einfach, einen so informativen Text in wenigen Sätzen wiederzugeben.
  • Es war nichts besonders Neues. Man arbeitet nun eben zu mehreren an einer Aufgabe und nicht alleine, aber das ist nicht wirklich sehr neu.
    Ich hätte mehr davon lernen können, wenn ich den Texteditor intensiever benutzt hätte.
  • Konkrete Beispiele fallen mir momentan nicht ein.
    Allerdings kann ich sagen, dass mir natürlich zum einen überhaupt die Möglichkeiten eines Wikis deutlich wurden. Des Weiteren lernt man, Inhalt zu strukturieren und Texte zu schreiben (allerdings funktioniert es bisher nicht, weder bei mir noch bei vielen anderen, auf das Wesentliche zu reduzieren).
    Durch die Recherche die im Internet nötig ist, um Zusatzinformationen zu finden, habe ich (wie auch durch viele andere Schulreferate etc.) meine Fähigkeiten weiter vertieft, Richtiges von Falschem zu unterscheiden und Sinnvolles im Internet zu finden.
  • Durch die Verwendung des Texteditors bin ich vertrauter gworden mit dieser Art von Text Eingabe und Formatierung.
    – Seiten zu strukturieren
  • Das Arbeiten mit dem Texteditor ist weniger schwer als zuvor
  • Ich arbeite inzwischen meistens mit dem Text Editor, den ich vorher nie freiwillig verwendet hätte. Außerdem habe ich gelernt, wie man Bilder und Links einfügt und dass ich früher nicht genug Weißraum gelassen habe.
  • Man muss eine klare Struktur haben, da es sonst leicht unverständlich und unübersichtlich wird
  • Formate einheitlich verwenden
  • Am interessantesten finde ich es zu merken, wie sehr sich eine gute Struktur auf einen Text auswirkt. Das Strukturieren ist mir nun wichtiger geworden und ich denke, darüber auch einiges gelernt zu haben.
  • Die ansprechende Visualisierung eines langweiligen Texts :)
  • in Formatierung und Gestaltung von Textseiten ( Übersichtlichkeit usw.)

Kommentar:
Als neu gelernte Fertigkeiten werden oft das Strukturieren und Visualisieren von Texten sowie (teilweise) die Reduktion von Informationen auf das Wesentliche genannt. Vor allem strukturiertes Schreiben ist meines Erachtens eine Fertigkeit, die kaum überschätzt werden kann. Das über Jahre hinweg regelmäßig zu praktizieren und auch von den Mitschülern abschauen zu können, ist aus meiner Sicht ein immenser Gewinn für die Schüler, der durch die Verwendung eines Wikis entsteht.

Außerdem haben die Schüler natürlich konkrete Software-Kenntnisse erworben. Der angesprochene Text-Editor ist eine Bearbeitungsmethode in einem Wikispaces-Wiki, welche mit der direkt eingegebenen Wiki-Syntax arbeitet anstatt den (standardmäßig eingestellten) WYSYWIG-Editor zu verwenden. Ich hatte die Schüler dazu angehalten, mal diese Formatierungsmethode auszuprobieren, weil ich es für sinnvoll halte, eine einfache Auszeichnungssyntax zu beherrschen.

Zweiter NK Geographie (9 Schüler)

Feedback nach ca. einem Jahr Wiki-Nutzung

Frage:
Wie würdest Du die Nützlichkeit des Wikis für den UNTERRICHT einschätzen?

nuetzlichkeit-wiki-nkgeo-2013.jpg

Kommentar:
Hier zeigt sich ein ähnlich positives Bild wie im vorigen Kurs mit der Ausnahme, dass ein Schüler »überhaupt nicht nützlich« angegeben hat. Da das Feedback anonym abgegeben wird, kann ich wenig über diese Einschätzung sagen. Es ist aber durchaus möglich, dass sie wenig mit dem Wiki und mehr mit der generellen Haltung zum Unterricht zu tun hat. Leider wurden die freien Textfelder des Feedbackbogens nicht genutzt, um konstruktiv zu kritisieren und auch auf meine Nachfrage im Plenum hin gab es keine nähere Erläuterung. Insofern muss diese Antwort hier einfach ohne näheren Erkenntniswert stehen bleiben.

(Zu weiteren gestellten Fragen, die den Fragen aus dem ersten Kurs ähnelten, kamen von diesen Schülern keine oder wenig verwertbare Antworten.)

Meine Erfahrungen

Einführungsphase

Von der Einführung der Wiki-Arbeit bis zur routinierten Nutzung hat es jeweils unterschiedlich lange gedauert. Im Geographie-Neigungskurs waren etwa während der ersten drei bis vier Monate immer wieder Hinweise, Anregungen und auch Ermahnungen zur Einhaltung von bestimmten Regeln nötig. Ab dann war die gemeinsame Arbeit im Wiki in der Regel selbstverständlich und hat gute Ergebnisse hervorgebracht. Bei den Projektgruppen in NwT ist die Einführungsphase bisher kürzer. Schon nach wenigen Stunden arbeiten die Schüler sinnvoll und kollaborativ und brauchen nur noch wenige Anregungen.

Der Unterschied könnte darin begründet sein, dass im regulären Unterricht der Kursstufe das Wiki nicht so »zwingend« ist wie bei der Projektarbeit. Außerdem sind die NwT-Schüler jünger (Mittelstufe) und damit evtl. noch weniger »eingefahren« in traditionelle Methoden. Der Projektunterricht ist von seiner ganzen Struktur her auch so »anders«, dass es möglicherweise für die Schüler leichter ist, eine völlig andere Art der Zusammenarbeit zu realisieren.

Systemsozialisation

Als ich mit der Wiki-Arbeit begann, ging es mir hauptsächlich darum, das positive Potential von kollaborativen Arbeitsformen, von gemeinsamer Wissenskonstruktion und Verbesserung der methodischen Kompetenz zu realisieren. Ich war nicht darauf gefasst, wie sehr vom »System« generierte Probleme diesen Zielen im Weg stehen würden. Gerade die Kursstufenschüler waren oft sehr darauf bedacht, dass ihre Wiki-Arbeit sich auch in Noten niederschlägt und dass niemand im Kurs »ungebührlich« von der Arbeit der anderern profitieren kann. Das war natürlich nicht bei allen so und es ist schwer zu sagen, inwiefern die klagenden Stimmen überrepräsentiert waren (was sie ja oft sind). Dennoch war bald deutlich, dass Kollaboration und Kooperation unter den traditionellen Bedingungen (individuelle Benotung, in der Kursstufe praktisch keine »notenfreien Räume« etc.) sehr leiden und nur mit Mühe realisierbar sind.

Im relativ neuen Kontext von NwT gelingt das deutlich leichter (die Diskussion der Gründe hierfür würde hier den Rahmen sprengen).

Nachhaltigkeit des Lernens

Die (langfristige) Arbeit mit einem Wiki bringt langfristigen Nutzen. Einerseits wird der Umgang mit diesem Werkzeug nach einigen Wochen für die Schüler selbstverständlich, so dass sie gar nicht mehr merken, dass sie neu gelernte Fertigkeiten verwenden. Andererseits sind die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse dauerhaft zugänglich, gut strukturiert und auch durchsuchbar. Dem ersten »Wiki-Kurs« habe ich zum Abschluss eine Offline-Kopie des Wikis zur Verfügung gestellt, eine ehemalige Schülerin, die jetzt Geographie studiert, hat mir mitgeteilt, dass sie das Wiki auch im Grundstudium nutzt.

Leichter Einstieg und Steigerungspotential

Wikis sind wunderbar flexibel. Ich kann beginnen, damit zu arbeiten und erstmal nur wenige Seiten anlegen. Wenn sich später herausstellt, dass ich neue Ideen habe, die ebenfalls im Wiki realisiert werden sollen, geht das – einfach so. Wikis sind also sowohl für Lehrer als auch für Schüler gute »Einstiegswerkzeuge«, denn sie können je nach Anforderungen und Kompetenz unterschiedliche Komplexitätsstufen besetzen und damit passgenau eingesetzt werden.

Warum keine Öffnung nach außen?

Abschließend noch ein Wort dazu, warum meine Unterrichtswikis alle nach außen geschlossen sind.

Ich möchte es meinen Schülern ermöglichen, die Inhalte und Ideen in einer geschützten Umgebung zu entwickeln. Dabei können Dinge schief gehen oder es kann mitunter ziemlich lange dauern, bis eine Seite »vorzeigbar« ist. Wenn das alles lediglich der Lerngruppe zugänglich ist, haben die Schüler weniger Hemmungen sich einzubringen als wenn sie wissen, dass jeder Schritt öffentlich ist.

Darüber hinaus müsste ich in einem offenen Wiki zusätzlich zur Begleitung und Beratung der inhatlichen und methodischen Arbeit auch noch die (urheber)rechtlichen Aspekte kontrollieren und korrigieren. Diese zeitliche Bürde möchte ich mir nicht aufladen. Denn oft sind Materialien im Netz zu finden, welche die Lerngruppe deutlich weiter bringen, die aber in einem öffentlich zugänglichen Wiki nicht genutzt werden könnten.

Screenshots

Hier noch einige Screenshots von Wiki-Seiten, um einen besseren Eindruck von deren Struktur und Gestaltung zu geben.

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Fazit

Die befragten Schüler der beiden Geographie-Neigungskurse bewerten den Einsatz des Wikis mehrheitlich als »nützlich« oder »sehr nützlich«. Ich schätze das genauso ein.

Durch das Wiki kann ich meinen Unterricht leichter dokumentieren und vor allem im Hinblick auf die Abiturvorbereitung aus meiner Sicht »bessere Qualität abliefern«.

Hinzu kommt die Verbesserung der Methoden- und auch der Sozialkompetenz der Schüler. Durch die Wikiarbeit haben sie vielfältige Anlässe, sich lesend, schreibend, strukturierend, visualisierend, recherchierend, diskutierend und kooperierend mit Inhalten und Mitschülern auseinanderzusetzen. Im Laufe der zwei Kursjahre war hier in der Summe eine deutliche Verbesserung zu spüren, die sich ja auch in vielen Rückmeldungen zeigt.

Bisher habe ich die Mittelstufenschüler, die in NwT das Wiki zur Planung, Koordination und Dokumentation ihrer Projektarbeit nutzen, noch nicht dazu befragt (in diesen Gruppen nutze ich Wikis noch nicht so lange). Hier scheint mir diese Arbeitsform aber noch besser auf die Unterrichtssituation zu passen. Der im oben dokumentierten Feedback genannte Kritikpunkt der Arbeits- und Notengerechtigkeit fällt hier weg, weil die Gruppen kleiner sind und diese ihrer Arbeitsaufteilung selbst erledigen. Außerdem wird hier nur das Endprodukt bewertet, individuelle Unterrichtsnoten stammen aus anderen Bereichen und nicht aus den Wiki-Beiträgen. Die Projektarbeit macht es außerdem geradezu erforderlich, ein kollaboratives Werkzeug benutzen zu können – im Gegensatz zum Wiki im Geo-Neigungskurs, wo man ja auch ein »normales« Heft führen könnte.

In manchen Situationen ist die Wiki-Arbeit für mich mit erhöhtem Aufwand verbunden. Dieser lässt sich jedoch mit zunehmender Erfahrung wieder verringern oder fällt mit der Zeit wieder ganz weg. So poste ich Ergebnisse aus dem Unterricht inzwischem oft schon während des Unterrichts ins Wiki (z.B. in Stillarbeitsphasen), so dass dieser Zusatzaufwand zu Hause entfällt. Die Grundstruktur eines Wikis übernehme ich für einen neuen Kurs aus dem Wiki des vorherigen und führe nur kleine Anpassungen durch. Anleitungen für die Benutzung und Strukturierung muss man nur ein Mal erstellen und kann sie dann immer wieder verwenden (z.B. Wie man mit Wikis sinnvoll arbeitet, Wikispaces: Schritt-für-Schritt-Anleitung oder Formatieren im Unterrichtswiki)

Insgesamt sehe ich die Nutzung der Unterrichtswikis als Gewinn sowohl für meine Schüler als auch für mich.

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9 Gedanken zu „Erfahrungen mit Wikis im Unterricht“

  1. Hallo Herr Kalt,
    mit meiner Tabletklasse arbeiten wir auf einem Projektwiki (zum.de). Wie kann ich es so einstellen, das es nicht mehr öffentlich ist?

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