Erklärvideos mit Schüler/innen erstellen: Praktische Tipps und Erfahrungen

Seit einiger Zeit erstellen meine Schüler/innen regelmäßig Erklärvideos im Unterricht. Ausführliche Überlegungen und die didaktische Begründung dazu habe ich in diesem Beitrag dokumentiert. Inzwischen habe ich einige Alltagserfahrungen gesammelt, die ich hier gerne teilen möchte. Es gibt nämlich durchaus einige Fallstricke, die ein Videoprojekt trotz guter Planung noch ins Stolpern bringen können.

Die folgenden Tipps beziehen sich auf den eigentlichen Aufnahmetag.

Zeit

Wenn vier bis fünf Gruppen von Schüler/innen, die zum ersten Mal Videos machen, jeweils ein Video von ca. 10 Minuten Dauer aufnehmen möchte, braucht man dazu mindestens eine Doppelstunde. Auch wenn alles andere (scheinbar) fertig ist, sind erfahrungsgemäß mehrere Aufnahmen („Takes“) nötig, muss an der Sprech- oder Audioqualität geschraubt werden, müssen sich die Schüler/innen mit der Aufnahmesoftware vertraut machen. Außerdem müssen alle einen Raum bekommen, in dem sie halbwegs ungestört sind. All das braucht seine Zeit.

Räume

In der Regel ist pro Gruppe ein leerer Raum nötig. Da diese meist in der betreffenden Doppelstunde nicht nebeneinander frei sind, muss man als Lehrer/in bedenken, dass man u.U. weite Strecken gehen muss, um die Schüler/innen betreuen zu können.

Infrastruktur zum Aufnehmen

Jede Gruppe braucht

  • entweder einen PC oder Laptop für Screencasts (z.B. mit CamStudio oder IceCream Screenrecorder als Software) oder
  • ein Tablet (z.B. mit ExplainEverything als Software) oder
  • eine Kamera bzw. ein Smartphone mit einem Stativ, z.B. ein Chemiestativ mit entsprechender Klemme für Tischvideos. Bei Tischvideos sollte der Tisch am Fenster stehen und eine helle Oberfläche haben, denn das Raumlicht ist in der Regel für eine gute Qualität nicht ausreichend.

Außerdem ist je Gruppe ein Mikrofon oder Headset nötig. Billige Headsets funktionieren zwar in der Regel, liefern aber in Klassenzimmern mit harten, resonierenden Wänden in der Regel ziemlich schlechte Audioqualität. Ein gutes und erschwingliches Mikrofon ist das Samson Meteor Mic.

Die meisten Probleme beim Aufnehmen gab es bei mir immer mit der Audio-Aufnahme. Ich bin immer wieder erstaunt, wie schlecht Windows-Computer auch 2016 noch darin sind, Audio-Geräte anzusteuern. In jeder Umgebung, in der ich arbeite (Schule, Fortbildungsraum, private PCs von Kolleg/innen) gibt es damit regelmäßig Probleme.

In der Schule poppt z.B. bei jedem Einstecken eines Headsets ein Fenster der Soundkarte auf, in dem man zwei Mal OK klicken muss. Man kann zwar ein Kästchen aktivieren, dass sich das Fenster künftig nicht mehr öffnen soll, aber das müsste man an jedem Rechner einzeln machen. In diesem Fenster kann man u.a. Soundeffekte einstellen, was Schüler/innen natürlich mit Freude regelmäßig tun (scheinbar greift die generelle Einschränkung, dass Schüler/innen keine Einstellungen am Rechner ändern dürfen, für den Soundkarten-Dialog nicht). So kann es passieren, dass der gehörte oder aufgenommene Ton bei einzelnen Rechnern „schlumpfig“ oder „kathedralisch“ klingt, und man muss dann erstmal rausfinden, woran das liegt. Ich beschreibe das hier absichtlich so ausführlich, damit man weiß, worauf man sich einstellen muss. Generell sollte man Zeit bzw. einen Test einplanen, bevor man an die Aufnahme geht. Und auch dann kann es sein, dass einzelne Rechner sich anders verhalten als der Testrechner.

Inhaltlich alles fertig

Am Tag der geplanten Aufnahme, muss inhaltlich alles fertig sein. Die oben genannten organisatorischen Maßnahmen brauchen Zeit, wenn eine Gruppe noch an ihren Inhalten „feilen“ muss (und manche Gruppen haben trotz mehrfachem Gegenlesen und Absprechen noch erhebliche Kanten auszufeilen), reichen 90 Minuten in der Regel nicht.

Ich mache inzwischen die Vorgabe, dass das Video in der Doppelstunde fertig sein muss oder aber im unfertigen Zustand bewertet wird. Alternativ können die Schüler/innen das Video zu Hause aufnehmen, wenn sie zuvor schlampig vorbereitet haben.

Trinken

Längeres Sprechen geht bei ungeübten Sprechern auf die Stimme. Daher sollte jede Gruppe eine Flasche Wasser mit im Raum haben.

Zeichen für das Betreten des Raums

Einerseits müssen die Gruppen ungestört aufnehmen können, andererseits muss man als Lehrer/in auch prüfen können, wie weit die einzelnen Gruppen sind und ob es Probleme gibt. Man möchte aber natürlich dabei nicht ausgerechnet in den einen Take reinplatzen, der jetzt gerade mal fehlerfrei klappt. Daher sollte man ein Zeichen ausmachen, mit dem man ankündigen kann, dass man reinkommt. Wenn es eine Scheibe in der Tür gibt, kann man ein optisches Zeichen verwenden, ansonsten könnte ein Mitglied der Gruppe während der Aufnahme vor der Tür „Schmiere stehen“, so dass niemand die Aufnahme stört.

Aufnahmeformat

Wenn man die Videos veröffentlichen möchte, sollte man im Format 16:9 aufnehmen, da die Videos sonst schwarze Balken bekommen. Bei Screencasts kann das bedeuten, dass man etwas rumprobieren und an den Einstellungen der Programme arbeiten muss, wenn man z.B. Monitore im 4:3 Format hat. Auch bei den dazu vorbereiteten Präsentationen muss man explizit 16:9 als Format einstellen, weil Powerpoint 4:3 als Standard verwendet. Wenn man das Format erst ändert, nachdem man die Präsentation fertig hat, sehen alle Folien unschön aus, weil sie rechts und links Ränder ohne Inhalte haben.

Fazit

Nach wie vor halte ich es für sinnvoll und wichtig, dass Schüler/innen lernen, wie man Videos macht. Die didaktische Begründung dazu steht in meinem früheren Artikel. Es bedarf aber – wie man sieht – einiger Vorbereitung, damit das Projekt „Videos erstellen“ nicht über Gebühr Unterrichtszeit verschlingt.

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