Getting Real in der Schule: Tough Love

Tough Love

Be willing to say no to your customers.

When it comes to feature requests, the customer is not always right. If we added every single thing our customers requested, no one would want our products. […]

As a software development company, you have to act as a filter. […] We consider all requests but the customer is not always right. There will be times when you just have to piss some people off. C’est la vie.

Related to this, it’s critical that you as a development company love your product. And you won’t love your product if it’s filled with a bunch of stuff you don’t agree with. […]

Oft ist es gut, jemandem einen Wunsch zu verweigern.

In der Softwareentwicklung sind Kundenwünsche oft das Ergebnis eines spontanen Bedürfnisses, einer sehr konkreten Aufgabe oder einer hergebrachten Arbeitsweise. „Ich habe diese Aufgabe bisher auf diese Art erledigt, ich möchte das auch mit der neuen Software so machen.“ Wenn die Entwickler jedem dieser Wünsche nachgeben, bekommt das Programm immer mehr Funktionen – aber jede einzelne wird nur für einen Bruchteil der Kunden nützlich sein. Der Großteil der Funktionen ist für den Großteil der Kunden nur im Weg. „If we added every single thing our customers requested, no one would want our products.“

Freizeit ist schöner als Arbeit

In der Schule entstehen Schülerwünsche auf anderen Wegen. „Machen sie die Arbeit nicht so schwer.“ — „Können Sie uns nicht weniger Hausaufgaben geben?.“ — „Warum müssen wir denn die alten Wörter noch mal lernen?“ — Solche Anfragen basieren nicht auf der Bewältigung von Aufgaben, sondern orientieren sich in der Regel daran, dass man Freizeit schöner findet als Arbeit, dass man lieber den sonnigen Nachmittag im Freibad genießt als zu Hause Vokabeln zu lernen, dass man lieber Fußball spielt als Biologie zu lernen.

Doch der Umgang damit ist ganz ähnlich wie bei der Softwareentwicklung: „If we added every single thing our customers requested, no one would want our products.“ In der Schule heißt das: Wenn ich diesen Wünschen nachkomme, wird am Ende niemand mehr mein „Produkt“ mögen. Mein Produkt ist unter anderem der Lernerfolg der Schüler, der durch die Erfüllung mancher Wünsche geschmälert wird. Allerdigs muss der Atem in der Schule etwas länger sein als beim Programmieren. Denn die Zufriedenheit mit einem Produkt stellt sich bei der Software in der Regel innerhalb von Tagen oder Wochen ein. Der langfristige Lernerfolg ist für Eltern und Lehrer frühestens nach Monaten, für Schüler meist erst nach vielen Jahren spürbar. Und erst wenn er spürbar ist, wird er auch geschätzt.

Ein weiterer Aspekt ist in diesem Zusammenhang wichtig. „As a software development company, you have to act as a filter. […] We consider all requests but the customer is not always right.“ Auch als Lehrer muss man so etwas wie ein Filter sein. Filtern bedeutet, den Input nach bestimmten Kriterien zu sortieren. Dazu muss es aber erst einmal Input geben. Es ist daher sehr wichtig, dass Schüler Gelegenheit haben, ihre Sicht der Dinge zu äußern. Sie sollten das ohne Angst vor Konsequenzen tun können und ich sollte dabei aktiv zuhören.

„We consider all requests“. Auch als Lehrer sollte ich alle Anregungen hören und bedenken. Anlässe zum Zuhören gibt es im Alltag genug: zu Beginn einer Stunde, in der Pause, beim Mittagessen in der Schulmensa. Manchmal macht es auch Sinn, die Rückmeldung und das Zuhören zu formalisieren und eine „Evaluation“ durchzuführen. Dabei bekomme ich eine Fülle von Anregungen und Wünschen, mit denen ich „weiter denken“ kann. Die Perspektiven von Schülern und Lehrern sind aber nun mal unterschiedlich und daher werde ich viele Wünsche ablehnen. Dass dabei auch Unstimmigkeiten aufkommen, ist normal und in Ordnung. „There will be times when you just have to piss some people off. C’est la vie.“

Ich mag mein „Produkt“

„[I]t’s critical that you as a development company love your product.“ Als Lehrer muss ich mich mit meinem „Produkt“ identifizieren können, wenn es gut sein soll. Das bedeutet auch, dass ich Anregungen und Wünsche nur dann ernsthaft umsetzen kann, wenn sie zu mir passen. Man hört viele gute Ideen von Kollegen und Wünsche von Schülern: „Frau Schiller macht das so – das klappt gut!“. Frau Schillers Ansatz klingt gut, ich probiere ihn aus – aber er passt einfach nicht zu meinem Arbeitsstil. Abgelehnt.

Eine (manchmal erstaunliche) Konsequenz ergibt sich aus „Be willing to say no.“: Wo man zunächst Widerstand, Murren, Wehklagen hört, wird es nach kurzer Zeit ruhig. Auf lange Sicht spürt man Respekt und Wertschätzung. Man könnte den Satz etwas modifzieren: Be willing to say no to your students – in the long run, most of them are going to be thankful.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie. Um ihn einzuordnen, lesen Sie am besten den einleitenden Beitrag: Getting Real in der Schule

 

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