ADHS: Ursachen, Symptome und Therapie

ADHS, die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, ist eine Diagnose, die immer wieder bei unruhigen und zappeligen Kindern gestellt wird. Als Lehrer wird man früher oder später ein Kind unterrichten, bei dem es abzuwägen gilt, ob es „einfach nur etwas lebhafter“ ist oder ob eine pathologische Situation vorliegt. Die folgenden Punkte sind eine Zusammenfassung des Artikels „Hilfe für den Zappelphilipp„, der in der Zeitschrift „Gehirn & Geist„ (‚Expedition Kindheit‘, Dossier Nr. 02/2005) erschienen ist.

  • Verdacht auf ADHS besteht, wenn ein Kind als außergewöhnlich unaufmerksam, impulsiv und hyperaktiv auffällt und sich dieses Verhalten in verschiedenen Lebensbereichen (Schule, Familie, etc.) zeigt. Bei tatsächlichen ADHS Patienten zeigt sich dieses Verhalten vor dem siebten Geburtstag.
  • Etwa drei Viertel der Patienten weisen eine weitere Störung wie z.B. eine Lese-Rechtschreibschwäche oder aggressives Verhalten auf.
  • Die Diagnose von ADHS ist nicht immer leicht, doch lassen sich heute handfeste physiologische Hinweise finden, z.B. in Form veränderter Aktivität in bestimmten Hirnregionen. Stirnhirn und Kleinhirn, möglicherweise auch Scheitel- und Schläfenlappen fallen deutlich kleiner aus als bei gesunden Kindern.
  • Ursache des Krankheit ist eine gestörte Informationsverarbeitung in verschiedenen Hirnbereichen, die für Emotionen, Verhaltenskontrolle und Bewegungssteuerung zuständig sind. Dabei stellt ADHS einen Extremfall der natürlichen Verhaltensvariabilität beim Menschen dar.
  • Eine Genetische Disposition spielt bei der Ausbildung der Störung eine erhebliche Rolle.
  • Die scheinbar steigende Zahl von ADHS Fällen geht auf den erhöhten Bekanntheitsgrad der Störung und eine verbesserte Diagnostik zurück. Es gibt nachweislich heute nicht mehr Fälle als früher.

Neurobiologische Hintergründe von ADHS

  • Die neuronale Informationsverarbeitung im Gehirn gerät bei ADHS Kindern leicht „aus dem Takt“, besonders dann, wenn mehrere Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen sind. Die Leistungsfähigkeit des Gehirns nimmt stark ab, wenn zu viele oder zu komplexe Anforderungen an die Gründlichkeit, Dauer oder Geschwindigkeit des Gehirns gestellt werden.
  • ADHS hat eine klare neurobiologische Grundlage.
  • Im limbischen System von ADHS Kindern mangelt es am Neurotransmitter Dopamin, der u.a. im Belohnungssytem des Gehirns eine wichtige Rolle spielt. Seine Ausschüttung verstärkt normalerweise diejenigen Nervenverbindungen, die zu einem gewünschten Verhalten führen.
  • Den Patienten fehlen verschiedene Rezeptoren, die für das Gleichgewicht von Dopamin verantwortlich sind, so dass es zu einer Fehlregulation kommt.
  • Daraus ergeben sich Handlungskonsequenzen für Eltern, Lehrer und Erzieher: Belohnungen für erwünschtes Verhalten sollte möglichst zeitnah folgen, problematisches Verhalten des Kindes sollte nicht durch Aufmerksamkeit unbewusst verstärkt sondern besser ignoriert werden
  • Bewegungsdrang: im Gehirn sind verschiedene Systeme für die Kontrolle von Bewegungen zuständig. Bei ADHS Kindern scheint die Balance der einzelnen Hirnbereiche in einer Schieflage zu sein, so dass hemmende und erregende Prozesse sich nicht ausgeleichen, sondern ein Aspekt regelmäßig zu stark ausgebildet ist.
  • Die genetische und physiologische Ursache von ADHS bedeutet nicht, dass sich die Störung immer gleich manifestiert. Zum einen sind bisher nur wenige der beteiligten Gene bekannt, zum anderen besteht auch eine natürliche Variabilität im gesunden Verhalten von Kindern wie auch in der Ausprägung der verschiedenen Symptome von AHDS Kindern.
  • Verschiedene Umwelt- und Erziehungsfaktoren begünstigen das Auftreten von ADHS
    • Alkohol- und Nikotinkonsum der Mutter während der Schwangerschaft erhöhen bei prädisponierten Kindern die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von ADHS
    • ebenso extreme Frühgeburt,
    • ein niedriges Geburtsgewicht,
    • Gehirnerkrankungen,
    • Narhrungsmittelallergien und
    • Vernachlässigung des Kindes
  • Weitere psychosoziale Faktoren können dazu kommen, wie z.B.
    • Angstkrisen des Kindes,
    • psychische Störungen der Eltern oder
    • mangelhafte Eltern-Kind Bindung

Symptome

  • Das Aufmerksamkeitsdefizit tritt vor allem dann zu Tage, wenn das Verhalten kontrolliert werden soll, z.B. wenn es gilt einen Handlungsimpuls im Zaum zu halten oder die Arbeitsgeschwindigkeit im optimalen Bereich zu halten.
  • Die Hyperaktivität ist oft mit einer mangelnden feinmotorischen Koordination verbunden, was sich u.a. in einer unleserlichen Handschrift äußern kann.
  • ADHS Kinder haben oft Probleme, ihre Emotionen zu kontrollieren, halten Frustrationen schlecht aus, sind ungeduldig und leicht erregbar.
  • Sie haben außerdem oft Schwierigkeiten, sich für etwas zu motivieren und greifen häufig nach der nächstbesten kleinen Belohnung, ohne eine größere oder attraktivere zu einem späteren Zeitpunkt abwarten zu können.

Behandlung

  • Bei der Behandlung von ADHS ist es wichtig, dass Eltern, Erzieher und Ärzte an einem Strang ziehen.
  • Die medikamentöse Behandlung wird kontrovers diskutiert. Neurobiologische Erkenntnisse legen nahe, die Störungen innerhalb der Neurotransmittersystem zu behandeln, dies tun z.B. Wirkstoffe wie Amphetaminsulfat und Methylphenidat (letzteres ist under dem Markennamen Ritalin bekann geworden).
  • Diese Medikamente können bei 70-90% der Fälle die Verhaltensauffälligkeiten verringern oder beseitigen. Allerdings sollten die Medikamente nicht leichtfertig verabreicht werden. Angezeigt sind sie u.a. dann, wenn das Eltern-Kind Verhältnis stark angespannt ist. In diesem Fall helfen die Medikamente, eine erste Linderung der Symptome und daher auch eine Entspannung der Situation herbeizuführen.
  • Verhaltenstherapie sollte einen weiteren wichtigen Pfeiler der Behandlung ausmachen. ADHS Kinder können z.B. durch sog. Selbstinstruktionstraining lernen, Aufgaben weniger impulsiv anzugehen und sich besser zu organisieren.
  • Ein Elterntraining kann diesen die nötigen Tipps und Anregungen geben, wie sie ihr Kind bei der Bewältigung von ADHS am besten unterstützen können.
  • Falls die Störungen das Familienleben sehr belasten, ist eine Familientherapie sinnvoll.
  • Das sogenannten Neurofeedback ist ein neuerer Therapieansatz, bei dem die Kinder lernen, mit Hilfe eines Spiels ihre Gehirnströme gezielt zu beeinflussen und dadurch z.B. ihre Konzentrationsfähigkeit zu steigern.

Wirksamkeit der Behandlungen

  • Eine große amerikanische Studie untersuchte kürzlich (2004) die Wirksamkeit von medikamentöser und Verhaltenstherapie
    • rein medikamentöse Therapie normalisierte das Verhalten bei 25% der Kinder
    • intensive Verhaltenstherapie half bei 34% der Kinder
    • eine sorgfältig angepasste medikementöse Behandlung in Kombination mit eine Beratung der Eltern half bei 56% der Fälle
    • die Kombination aus sorgfältiger Medikamentengabe und intensiver Verhaltenstherapie half bei 68% der ADHS Patienten Eine solche multimodale Therapie ist demnach am effektivsten.

Positive Aspekte

  • ADHS Kinder haben nicht nur Probleme, sondern auch Potentiale: viele sind höchst aufgeschlossen, neugierig, wissbegierig, begeisterungsfähig und energiegeladen.
  • Kreativität und Intelligenz sind ebenfalls häufig anzutreffende Eigenschaften.
  • ADHS Kinder sind oft wahre Multitasking und Last-Minute Spezialisten und Improvisationskünstler.
  • Diese positiven Eigenschaften sollten regelmäßig betont werden, um sowohl das Selbstbild als auch das Fremdbild der Kinder nicht zu düster werden zu lassen.

 

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